1965 fuhr ich mit meinen Eltern das erste Mal in Urlaub nach Jugoslawien. Mit dabei war ein kleines gelbes Gummiboot mit Paddeln. Im folgenden Jahr wurde dieses Boot dann ausgetauscht gegen ein orangefarbenes polnisches Schlauchboot mit Holzkiel, Holzboden und einem Außenborder von Evinrude mit sagenhaften 18 PS. Diese Leistung war allerdings schon ausreichend um damit Wasserski fahren zu können. Von unserem Urlaubsort Crkvenica machten wir so Ausflüge rund um die Insel Krk und ich hing immer hinten dran, oft stundenlang, ohne dass mir die Arme lahm wurden. Zwei Jahre später fuhr ich dann schon Monoski hinter einem schicken, roten GFK-Sportboot mit 50 PS Mercury Benzinfresser. Der Bootsfahrervirus hatte die ganze Familie gepackt und so musste der rote Flitzer einem gediegenen Rocca Kabinenboot mit 130 PS Volvo Inborder weichen. Die Schlupfkabine erlaubte nun auch Ausfahrten mit Übernachtung. Wer bis dahin noch verhaltene Bedenken gegen das Rumgeschippere geäußert hatte, der konnte nun nach traumhaften Sonnenuntergängen in einsamen Paradiesbuchten und lauen Sommernächten auf dem Vorschiff mit Sternschnuppen und allem was ein gigantischer Sternenhimmel zu bieten hat, nichts mehr dagegen sagen. Die immer größer werdenden Törns verlangten nach mehr Komfort, einer Küche und einer Toillette. Ein 21 Fuß Fiberline, in das mein Vater und ich einen 6 Zylinder BMW Marinediesel samt Antrieb und Elektrik selbst einbauten trug dem 1985 vorerst Rechnung. Schon 2 Jahre später war er wieder da, der Ruf nach mehr Komfort und mehr Platz. Diesmal war ein 28 Fuß Sealine die Erfüllung unserer Wünsche. Auch hier wurde die vorhandene Motorisierung eigenhändig gegen zwei 5 Zylinder BMW Marinediesel getauscht. Mittlerweile verlegten wir unseren Ausgangspunkt und das wegen seiner Größe nicht mehr trailerbare Schiff in den Yachthafen von Supetarska Draga auf der Insel Rab. Es kam, wie es kommen musste, mehr Platz waren 2 Jahre später wieder der Wunsch. Eine 33er Princess sollte es diesmal sein und dieses Schiff sollte uns fast durch das ganze Mittelmeer bis heute begleiten.
Im Frühjahr 1989 entdeckte mein Vater die Princess in der Boote-Zeitschrift. Sie lag im Hafen von Menton, 7km vor Monaco und wartete auf unsere Besichtigung. Die folgte kurz entschlossen 2 Tage später ebenso, wie der Entschluss sie zu kaufen und an Ostern verbrachten wir den ersten Tage auf unserem neuen Urlaubsdomizil. Die mangelnde Attraktivität des Schiffsreviers und die doch gesalzenen Preise ließen uns schnell zu dem Entschluss kommen, unser Schiff wieder nach Rab zu verlegen. da der Transport von Genua nach Venedig über Land mit ca 10000 Mark zu teuer war, wollten wir dieses Geld lieber auf einem Törn rund um den italienischen Stiefel durch die beiden V8 Maschinen jagen. Für den Törn hatten wir uns 6 Wochen Zeit genommen. An einem relativ kühlen, bedeckten Morgen im Juni 1989 verließen wir den Hafen von Menton mit dem Ziel Macinaggio auf Korsika. Mehr als 100 Seemeilen übers offene Meer bei schlechter Sicht, auffrischendem Wind mit immer größer werdenden Wellen nur mit dem Kompass als Navigationsinstrument in Angriff zu nehmen war damals ganz schön kühn, um nicht zu sagen naiv. Als wir nach 8 Stunden Ritt durch Wind, Wellen und teilweise peitschenden Regen zuerst Korsika rochen (man riecht die Maccia eher , bevor man die Insel sieht) und dann im Dunst drei Landsilouetten in unterschiedlichen Richtungen sahen, waren wir alle erleichtert. Nach halbstündigem Betrachten der Seekarte und Diskussion der möglichen Kurse entschieden wir uns wohl mehr intuitiv für den richtigen. Nach einer weiteren Stunde passierten wir die Hafeneinfahrt von Macinaggio und lagen nach einer weiteren halben Stunde und einem Horror- Anlegemanöver endlich gut vertäut an der Mole.
In den kommenden Tagen ging es, bei gutem Wetter weiter Richtung italienisches Festland. Da wir am Anfang möglichst viele Meilen machen wollten liessen wir Elba einfach links liegen. Porto Ercole, einer kleiner Fischerhafen war unser nächstes Ziel. Dieser Ort verkörperte noch den Charme, den man aus den deutschen Urlaubs-Spielfilmen aus den 50er Jahren kannte. Als am späten Abend die heimische Fischereiflotte vom Fang zurückkehrte, konnte man sehen, dass das Thyrrenische Meer bei weitem mehr an Meeretieren zu bieten hatte, als die leergefischte Adria. Solche Mengen an Langusten und Hummern habe ich nie wieder zu Gesicht bekommen. Die, wie sich später herausstellen sollte, überflüssige Eile liess uns auch an Ischia mehr oder weniger achtlos vorbeifahren.
Wenn wir schon hier in der Gegend waren, dann wollten wir,trotz aller Eile, auf Capri nicht verzichten. Es blies ein kräftiger Wind, als wir in den Inselhafen Capri Marina einliefen und ich befürchtete schon ein ähnlich krasses Anlegemannöver, wie in Macinaggio. Die Italiener waren hier aber bestens organisiert, bevor wir uns versahen, bugsierten uns 2 Schlauchboote ohne uns mit einem anderen Boot im doch sehr vollen Hafen, in Verbindung zu bringen in eine der wenigen Lücken bevor Hafenangestellte uns fix und fertig vertäuten. Wir konnten dem ganzen Geschehen nur noch staunend zusehen. Gleich danach starteten meine Freundin und ich gleich den ersten Inselerkundungsgang. Zusammen mit vielen anderen Besuchern, man kann fast sagen Menschenmassen, schwammen wir vorbei an vielen Cafes, Eisdielen, Erfrischungsbude und Zitronenhainen, bergan in Richtung der eigentlichen Ortschaft Capri. Circa alle 10m wurden wir von den Einheimischen Kellnern sehr freundlich zu den Köstlichkeiten eingeladen, die die Strasse säumenden Lokale zu bieten hatten. Schon beim ersten Gang hoch in das Dorf Capri konnten wir erkennen, dass diese Insel ganz anders war, als alles, was wir von Italien vorher gesehen hatten. Die Geographie,sprich die Landschaft war schon einmalig, aber die Leute dort faszinierten uns noch viel mehr. Wie wir später unten im Hafen feststellen konnten, wurden stündlich mehr als 3000 Touristen mit großen Personenfähren von Neapel und Salerno herangekarrt, die dann in großen Pulks den Berg zum Dorf hinauf pilgerten. Trotz dieser Menschenmassen, die stündlich, täglich jahraus jahrein an den Ständen und Lokalen vorbeizogen, waren die Einheimischen immer freundlich, zuvorkommend und hilfsbereit, jedem gegenüber. Ich fand es schon erstaunlich, dass Menschen angesichts dieser Pilgerströme nicht irgendwann abstumpfen, oder gleichmütig werden. Wir blieben eine knappe Woche und erkundeten die Insel, wobei ein Besuch der Blauen Grotte natürlich nicht fehlen durfte. Diese war aus meiner Sicht aber lange nicht so beeindruckend, wie die Blaue Grotte auf der Insel Bisevo in Kroatien, sie ist nur etwas größer.
Danach ging es weiter entlang der italienischen Küste südwärts. Auch die Liparischen Inseln mit so klingenden Namen wie Stromboli oder Volcano zogen, ohne groß beachtet zu werden, im Dunst an uns vorüber. Als wir dann in die Straße von Messina einfuhren und die Stadt Scylla links vor uns erschien, da erlebten wir am eigenen Leib (Boot), wie es Odysseus ergangen sein muss, als er die Meerenge zwischen Scylla und Carybdis durchsegelte. Selbst bei moderatem Wind war das Wasser hier, als wenn es kochen würde. Durch das Aufeinandertreffen von Thyrrenischem und Ionischem Meer eribt sich hier auch ohne Wind eine relativ rauhe Kreuzsee, wo das Motorbootfahren nicht wirklich Spaß macht.
Da derWind weiter auffrischte und der Wetterbericht auch nicht rosig aussah, steuerten wir den sicheren Hafen von Reggio Calabria an, um die Nacht dort zu verbringen.Ganz wohl war mir nicht, als wir dort festmachten, denn die Berichte von anderen Süditalien-Urlaubern bezüglich Kriminalität, ließen uns nichts Gutes erwarten. Doch weit gefehlt, in den süditalienischen Yachthäfen liegt man wie in Abrahams Schoß, denn diese sind sehr gut bewacht und die Leute dort sind weit freundlicher, als die auf der Höhe von Rom. Leider zwang uns das Wetter hier über eine Woche zu bleiben. Der Hafen und die Stadt sind wenig atraktiv, aber im Stadtmuseum kann man neben vielen anderen, geschichtlich interessanten Dingen 2 übermannsgroße, nahezu völlig intakte, griechische Bronzestatuen besichtigen, die hier in der Nähe auf dem Meeresgrund gefunden wurden.
Fortsetzung folgt...
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